Wuppertal

Solidargemeinschaft Wuppertal

Die im März 2020 in Wuppertal gegründete Solidargemeinschaft Wuppertal ist ein lockerer Bund engagierter Wuppertalerinnen und Wuppertaler, die der bürgerlichen Mitte eine Stimme geben möchte. Ziel ist vor allem die öffentlich wahrnehmbare Positionierung für die demokratischen Werte und Rechtsstaatlichkeit der Gesellschaft und gegen Ausgrenzung, Extremismus und Antisemitismus – dazu gehört insbesondere die Förderung des gemeinschaftlichen Lebens in Wuppertal –, aber auch das soziale Engagement.

Die Solidargemeinschaft Wuppertal steht und setzt sich ein

  • für Pluralismus und Toleranz
  • für friedliche Koexistenz von Weltanschauungen, Kulturen und Glaubensrichtungen
  • für Minderheitenschutz und gegen Diskriminierung
  • für respektvolles Austragen von Überzeugungen und Meinungsunterschieden
  • für demokratische Willensbildung und Konfliktaustragung
  • gegen Extremismus, Radikalismus und Rassismus

Um der Mitte der Gesellschaft vielleicht auch der „schweigenden Mehrheit“ eine vernehmbare Stimme zu geben, richtet sich die Solidargemeinschaft Wuppertal aktiv in Wort und Tat gegen extremes, diskriminierendes, menschenverachtendes und Gesellschaften trennendes Gedankengut. Sie steht für Demokratie, Toleranz und Völkerverständigung. In diesem Sinn unterstützt sie auch Anlässe und Institutionen, die keine nennenswerte Lobby mit entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit und damit verbundener Meinungsbildung hinter sich haben. Nicht zuletzt wendet sie sich auch an die Jugend, um im besten Fall einen zukunft-gerichteten Zusammenklang zu finden.

Termine & Aktuelles

Weihnachtsaktion 2025

Weihnachten im Schuhkarton

Solidargemeinschaft Wuppertal verteilte Geschenke an Obdachlose

Die Solidargemeinschaft Wuppertal sammelt für die vielen Menschen in Not in unserer Stadt Sachspenden, die am 24. Dezember 2025 um 14:30 Uhr auf dem Platz an der Alten Freiheit verteilt werden.

Auch die Bürgerinnen und Bürger Wuppertals sind aufgerufen, das Projekt mit der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ zu unterstützen. Es braucht dazu nicht mehr als einen Schuhkarton, der einigen der folgenden Dinge gefüllt wird: Instantkaffee, Fisch in Dosen, Kekse, Schokolade, Taschentücher, Duschgel, Konserveneintopf, Erdnüsse oder ähnliches.

Den Päckchen kann auch eine persönliche, weihnachtliche Note gegeben werden, indem eine schöne Karte oder ein selbstgemaltes Kinderbild eingelegt und das Ganze schön verpackt wird.

Die Päckchen können bis Donnerstag, den 18.12.2025 um 12:00 Uhr in vielen katholischen Pfarrbüros, beim Focus Team (Besenbruchstrasse 16 in Wuppertal-Unterbarmen) und in der Katholischen Citykirche Wuppertal (Laurentiusstrasse 7 in Wuppertal-Elberfeld) abgegeben werden.“

Chanukka

Donnerstag, 18.12.2025
17.00 Uhr

Öffentliches Entzünden der 5. Chanukka-Kerze

Geschwister-Scholl-Platz

Am Donnerstag, dem 18. Dezember 2025 lädt die jüdische Kultusgemeinde Wuppertal gemeinsam mit der Solidargemeinschaft Wuppertal zum fünften Mal zum öffentlichen Entzünden der Chanukka-Kerzen ein. Es wird die fünfte Kerze entzündet.

Chanukka ist ein jüdisches Fest, das die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v.d.Z. vergegenwärtig. Es gehört zu den außerbiblischen Festen. Mit der Wiedereinweihung ist ein „Lichtwunder“ verbunden. Die Menora, der siebenarmige Leuchter im Tempel, sollte eigentlich nie verlöschen. Allerdings war nur noch Öl für einen Tag vorhanden. Für die Herstellung neu geweihten Öls wurden aber acht Tage benötigt. Die Makkabäerbücher berichten, dass wie durch ein Wunder das Licht trotzdem acht Tage brannte, bis neu geweihtes Öl zur Verfügung stand.

In Erinnerung an dieses Ereignis (die Makkabäerbücher gehören zur sog. Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes) feiern Juden das Chanukka-Fest, bei dem an acht Tagen jeweils eine weitere Kerze der Chanukkia, einem achtarmigen Leuchter, entzündet wird. Das Fest selbst findet in zeitlicher Nähe zur christlichen Adventszeit statt, so dass vermutet werden kann, dass die christlichen Lichtbräuche, wie das Entzünden des Adventskranzes, von dem jüdischen Chanukka-Brauch inspiriert wurden. In diesem Jahr fällt Chanukka auf die Zeit vom 14.-22. Dezember 2025.

Mit Einbruch der Dunkelheit am Donnerstag, dem 18. Dezember 2025 beginnt also der fünfte Tag des Chanukka-Festes. Demzufolge wird die fünfte Chanukka-Kerze entzündet. Dabei werden hebräische Gebete rezitiert. Im Anschluss an das Entzünden der Chanukka-Kerzen singt der Chor der jüdischen Kultusgemeinde jüdische Lieder. Außerdem werden die traditionellen „Sufganiyot“, in Fett gebackene Krapfen verteilt.

Die im März 2020 in Wuppertal gegründete ‚Solidargemeinschaft Wuppertal‘ ist ein lockerer Bund engagierter Wuppertalerinnen und Wuppertaler, die der bürgerlichen Mitte eine Stimme geben möchte. Ziel ist vor allem die öffentlich wahrnehmbare Positionierung gegen Ausgrenzung und Extremismus, aber auch das soziale Engagement. Zu ihren Zielen gehört insbesondere die Solidarität mit der jüdischen Kultusgemeinde, die Förderung jüdischen Lebens in Wuppertal und die Abwendung von Antisemitismus. Mit der öffentlichen Entzündung der Channuka-Kerzen, die von nun an jährlich stattfinden soll, wird die öffentliche Präsenz jüdischen Lebens unterstützt.

Werner Kleine

Über die anhaltende Unfähigkeit zu trauern

von Dr. Werner Kleine

Die Straßen waren laut. Das Geschrei war groß. Man ging für den Frieden in Palästina auf die Straße und rief Parolen, die die Existenz Israels in Frage stellten. Nichts weniger meint der Ruf „From the River to the Sea …“. Israel, dem am 7. Oktober 2023 ein genozidales Massaker der Hamas widerfuhr, dem wahllos 1.200 Menschen zum Opfer fielen und 250 Menschen als Geiseln entführt wurden, ist schuld. Israel scheint immer schuld zu sein. Die Art des Massakers war von Vernichtung und Auslöschungswillen geprägt. Wer Babys tötet, Männer und Frauen genital verstümmelt und wahllos Menschen allein deshalb tötet, weil sie Juden sind, hat die Vernichtung eines Volkes im Sinn. Wie bitte soll man als Staat auf ein solches Massaker reagieren? Viele scheinen zu wissen, was unverhältnismäßig an der Reaktion Israels war. Niemand aber sagt, wie eine verhältnismäßige Reaktion aussähe.

Die bestialische Untat der Hamas hat das eigene Volk in tiefes Leid geführt und zur Verwüstung des eigenen Landes geführt. Jetzt, endlich, sind die Geiseln frei - und die Waffen ruhen. Ist jetzt schon Friede in Gaza? Wohl kaum! Die selbst ernannten Gotteskrieger marodieren durch die Gebiete, aus denen sich Israel zurückgezogen hat. Sie töten und richten öffentlich ohne jedes Verfahren Gegner hin. Erstaunlich, wie viele Zivilisten auf den grausamen Videos zu sehen sind. Erstaunlich auch, wie viele Kinder da zuschauen. Sieht so das freie Palästina aus? Warum ist es still geworden auf den Straßen? Warum ist der Protest verstummt? Ist es ok, wenn die Hamas wahllos tötet und dabei ruft, Gott sei groß?

Der Krieg, den die Hamas ausgelöst hatte, ist furchtbar. Jeder Krieg ist grausam. Der Krieg nimmt wahllos Leben. Jedes genommene Leben ist ein Leben zu viel. Genau deshalb fällt Gott dem Kain in die Arme, als er dessen heißen Neid auf seinen Bruder Abel spürt. Kain tötet seinen Bruder Abel trotzdem. Dessen Blut schreit zum Himmel. Es klagt den Mörder an. Spät - zu spät erkennt Kain seine Schuld:

„Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Siehe, du hast mich heute vom Erdboden vertrieben und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein und jeder, der mich findet, wird mich töten.“ (Gen 4,13f)

Er ist bereit die Folgen der Schuld zu tragen. Er weiß, dass er den Tod verdient hat. Gott aber schützt das Leben des Mörders:

„Jeder, der Kain tötet, soll siebenfacher Rache verfallen.“ (Gen 4,15)

Unser Rechtsstaat schützt das Leben. Das Grundgesetz stellt in Artikel 1 unmissverständlich fest:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Die Würde des Menschen ist bedingungslos. Sie kennt keine Voraussetzungen. Weder Geschlecht noch Hautfarbe noch Religion noch sonst irgendeine Eigenschaft schränkt sie ein.  Wie aber kann es dann sein, dass Juden sich dafür entschuldigen müssen, Juden zu sein. Wieso müssen sie sich für einen aufgezwungenen Krieg rechtfertigen? Wie kann es sein, dass ernsthaft darüber diskutiert wird, ob eine israelische Nationalmannschaft von der WM und israelische Künstler vom ESC ausgeschlossen werden sollen? Wie kann es sein, dass Juden, selbst wenn sie gar keine israelische Staatsbürgerschaft haben, Erklärungen abgeben müssen, sie seien nicht mit der Regierung Israels einverstanden, damit sie nicht von Konzerten, Vorträgen oder Kongressen ausgeladen werden? Wie kann es sein, dass in Berlin und anderswo mit lauten Parolen der Tod von Juden gefordert wird und es in Manchester oder vor wenigen Jahren in Halle nicht bei Worten bleibt? Wie kann es sein, dass immer noch allzu viele sagen, sie seien ja keine Antisemiten, aber Freund der Juden sei man auch nicht? Doch, das ist antisemitisch. Da geht es nicht um Kritik an der Regierung Israels, es geht um dieses Judendings. Was aber stört die Menschen an diesem Volk, in dem das Christentum seine Wurzeln hat?

Die Unfähigkeit zu trauern aber scheint wieder um sich zu greifen. Zu vielen wurde seit dem 7.10.2023 ihr Leben genommen - Juden, Beduinen, Thailänder, Philippinos und Araber. Vielleicht wäre die Trauer der Moment, in dem die Würde des Menschen greifbar wird - jenseits von Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder sonst irgendeiner Eigenschaft. Jedes Leben ist zu wertvoll, um einfach so genommen zu werden. Vielleicht würde in der Trauer vereint der Friede eine Chance bekommen. Was glauben Sie denn?

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht  in der Westdeutschen Zeitung vom 17. Oktober 2025.

PeaceBell

Samstag, 13.09.2025 10.00 - 15.00 Uhr

#PeaceBell für Wuppertal – Spendenkampagne

DemokratieFest, Zentralbibliothek, Kolpingstraße 8

Die Solidargemeinschaft Wuppertal präsentiert die Aktion zur „Peacebell“.
Die #PeaceBell ist ein Glocke, die aus Waffen- und Weltkriegsschrott gegossen wurde. Sie wird so selbst zur Botschaft: Frieden wird, wenn Waffen eingeschmolzen werden. Der Klang der #PeaceBell bringt den Geschützdonner zum Schweigen. Der Künstler und Musiker Michael Patrick Kelly beschreibt die Botschaft seiner Glocke selbst, wenn er sagt: „In einer Welt voller Aufruhr und Krieg warnt uns die Friedensglocke, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.“
Nun soll Wuppertal eine eigene #PeaceBell bekommen.

Durch eine Spende kann jede*r mithelfen, dass das Projekt gelingen kann!

Hier geht es zu Spendenseite.

Aktueller Spendenstand: 5107,76 €

Es werden 40.000 EUR benötigt. Der Künstler Michael Patrick Kelly hat mittlerweile sein Einverständnis für den Start der Spendenkampagne gegeben. Die in Wuppertal ansässigen Schauspieler Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer konnten als Unterstützer für die Kampagne gewonnen werden.

Ann-Kathrin Kramer

Ann-Kathrin Kramer,
©: MaxSonnenschein

Harald Krassnitzer

Harald Krassnitzer,
©: MaxSonnenschein

„Es ist beunruhigend wie schnell sich der öffentliche Diskurs von unserer Wehrfähigkeit in unsere Kriegsfähigkeit gewandelt hat. Um so dringlicher scheint es uns, auch über unsere Friedensfähigkeiten zu sprechen. Und es kann garnicht genug Orte geben, an denen wir uns daran erinnern, dass Frieden mehr ist, als die Abwesenheit von Krieg.
‚Frieden bleibt das Meisterstück der Vernunft.‘ (Kant)“

Hier geht es zu Spendenseite.

Zug von Demonstranten

jeweils Montags 17 Uhr
in der Regel im Wechsel zwischen Barmen und Elberfeld

Spaziergänge für eine demokratische Zukunft

Lasst Euch nicht veräppeln – Populisten lügen

Elberfeld/Barmen

Elberfeld: 01.09.2025

Barmen: 08.09.2025

Die Solidargemeinschaft Wuppertal lädt an den Montagen wieder zu „Spaziergängen für eine demokratische Zukunft“ ein. Die Spaziergänge stehen unter dem Motto „Lasst Euch nicht veräppeln – Populisten lügen“. Sie beginnen jeweils um 17 Uhr und starten im Wechsel jeweils in Elberfeld und Barmen.

Der Elberfelder Weg: Bahnhofsvorplatz in Wuppertal-Elberfeld. Der Weg führt dann von dort über die Alte Freiheit, Poststraße, Schwanenstraße, Überquerung Wall, Schlössergasse, von-der-Heydt-Platz, Herzogstraße, Kasinokreisel links Richtung Wupper, Mäuerchen. In Höhe der Schwebebahnhaltestelle wird die Fahrbahn überquert, durch die Haltestelle zur Oligsmühle 7 – 9 (Redaktion der WZ)

Der Barmer Weg: Rathaus auf dem Johannes-Rau-Platz in Wuppertal-Barmen. Der Weg führt dann von dort über den Werth, den Alter Markt, die Schuchardstr., die Lindenstraße, erneut den Werth zum Geschwister-Scholl-Platz.

An den beiden bisherigen Spaziergängen nahmen insgesamt über 250 Personen teil.

Kippa-Tag Plakat

Mittwoch, 26.05.2025
17.00 Uhr

Kippa-Tag

ab Bergische Synagoge, Gemarkerstr.

Vielfalt leben und schützen – Aufruf zur Teilnahme am Kippa-Tag in Wuppertal

Wuppertal steht für Offenheit, Vielfalt und ein respektvolles Miteinander. Dazu gehört auch, dass in unserer Stadt jeder Mensch das Recht hat, seine Religion frei und ohne Angst auszuüben.

Am Kippa-Tag, Montag, 26. Mai, setzen wir gemeinsam ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft. Kippa heißt die kleine Kopfbedeckung aus Stoff, die in der Synagoge und auf dem jüdischen Friedhof von allen Männern, auch von Nicht-Judengetragen werden muss. Strenggläubige Juden tragen sie auch im Alltag als Ausdruck ihres Glaubens. In der jüngeren Vergangenheit wurden allerdings wiederholt Juden angegriffen, die die Kippa in der Öffentlichkeit getragen haben.

Dagegen wollen wir uns gemeinsam stellen.

Die Veranstaltung zum Kippa-Tag beginnt am Montag, 26. Mai, um 17 Uhr an der Synagoge in Wuppertal-Barmen (Gemarker Straße/Ecke Parlamentstraße). Nach kurzen Grußworten führt unser Demonstrationszug über die Zwinglistraße, den Rathausplatz und den Werth zur Kirche Sankt Antonius. Während des Zuges tragen die Männer – Juden wie Nichtjuden – Kippa. (Wer keine hat, bekommt sie von der jüdischen Kultusgemeinde zur Verfügung gestellt.)

Ob mit einer Kippa auf dem Kopf oder durch Ihre Teilnahme – zeigen Sie, dass Wuppertal eine Stadt ist, in der Vielfalt gelebt und geschützt wird! Für Respekt, für Zusammenhalt, für das Grundrecht auf freie Religionsausübung!

Veranstalter sind die Solidargemeinschaft Wuppertal und die Stadt Wuppertal.

Flagge Ukraine

Montag, 24.02.2025
17.30 Uhr

Mahnwache zum dritten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine

Rathausplatz in Wuppertal-Barmen (Johannes-Rau-Platz)

Die Solidargemeinschaft Wuppertal lädt zusammen mit der Stadt Wuppertal am Montag, dem 24. Februar 2025 um 17.30 Uhr zu einer Mahnwache für die Ukraine auf den Rathausplatz in Wuppertal-Barmen (Johannes-Rau-Platz) ein. Anlass ist der dritte Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine.

Gerade die aktuellen Entwicklungen veranlassen die Solidargemeinschaft Wuppertal gemeinsam mit der Stadt Wuppertal ein deutliches Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu setzen. Es darf nicht sein, dass ein souveräner Staat einfach angegriffen und in Frage gestellt wird. Es kann nicht sein, dass vermeintliche Weltmächte über die Menschen dieses souveränen Staates hinweg das Schicksal eines souveränen Staates verhandeln. Setzen wir ein deutliches Zeichen der Solidarität mit der Ukraine!

Werner Kleine

Ein erzürnter Ruf zur Räson

von Dr. Werner Kleine

Amsterdam – das war einmal die Faszination von Tulpen, Freiheit, Hippietum. Für Menschen, die ihre Kindheit und Jugend in den 70er und 80er Jahren verbracht haben, war es oft jener Sehnsuchtsort, den die Band Cora 1984 besang: „Komm, wir fahren nach Amsterdam. Ich weiß, dass uns nichts passieren kann.“ Dieser Traum ist für Juden spätestens seit dem 7. November 2024 zerplatzt. Die Umstände werden in den Niederlanden noch diskutiert. Wieder einmal. Anhänger des jüdischen Fußballclubs Maccabi Tel Aviv haben offenkundig eine palästinensische Fahne von einem Haus gerissen. Angeblich war das der Anlass für muslimische Jugendliche mit geringer Frustrationstoleranz für eine Hatz auf Juden durch die Straßen Amsterdams, bei denen am Boden liegende Personen getreten und auch Fußgänger überfahren wurden. Am Ende waren 30 Juden verletzt – und das alles wegen einer abgerissenen Fahne? Was glauben Sie denn?

Die Umstände in Amsterdam sprechen nicht unbedingt für einen spontan agierenden Mob. In Telegramgruppen hatte man sich offenkundig vorher schon verabredet. Und die Hetzjagd auf Juden geht in der Stadt der Grachten weiter. Erst in dieser Woche gab es „Juden-Geschwür“-Rufe und brennende Straßenbahnen. In Hannover soll ein Redner bei einer Demo im Rahmen einer Nahost-Friedensdemonstration die Taten von Amsterdam bejubelt haben. In Berlin werden jüdische Restaurants angegriffen. Juden trauen sich nicht, die Kippa zu tragen. Jüdinnen verstecken ihre Ketten mit der Magen David, dem Davidsstern, aus Angst vor Übergriffen. Ein solcher Davidsstern wurde auch an der Begegnungsstätte Alte Synagoge in Elberfeld aus einem Banner herausgeschnitten.

Während Politikerinnen und Politiker längst nicht aller Parteien die zur Hohlphrase zu mutieren drohende Formel von der „Sicherheit Israels als deutscher Staatsräson“ eilfertig im Munde führen, ohne dass die Sicherheit der in Deutschland lebenden Juden gewährleistet werden kann, twittert die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz, die sich mit 57 Jahren nicht mehr auf jugendlichen Leichtsinn berufen kann, das Bild eines Feuerinfernos, das mit großen Buchstaben „This ist Zionism“ tituliert ist. Das Leid der Menschen in Gaza groß. Es ist entstanden, weil die Hamas am 7. Oktober 2023 ein Massaker in jüdischen Kibbuzim und auf dem Super-Nova-Festival angerichtet hat, das in seiner Grausamkeit zeigt, dass es um die Vernichtung des jüdischen Volkes geht. Kein Staat der Welt, dessen Bürgerinnen und Bürger auf diese Weise niedergemetzelt worden wären, würde das hinnehmen. Es entsteht auch, weil sich die Hamas hinter den eigenen Zivilisten versteckt. Das aber wird bei allem berechtigen Anmahnen der Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerne immer wieder übersehen. Die Schuld für das Grauen in Gaza scheinen die Juden weltweit allein zu verantworten zu haben. Der Jude war immer schuld und er ist es, wenn man den irrlichternden Selbstgerechten in dieser Welt glauben darf.

Wie sonst ist es zu erklären, dass es in Brühl im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zur Reichskristallnacht am 9.11.2024 zu einem Eklat kam, als eine Frau aufgefordert wurde, eine schlichte weiße Fahne mit einem von einem Herz umrandeten Davidstern und der Aufschrift „Wir schützen jüdisches Leben“, wieder einzupacken, weil das zu provokant sei. Der Davidsstern und die Aussage, jüdisches Leben zu schützen, stören in einer deutschen Stadt bei einem Gedenken an den Tag, als die Synagogen in Deutschland brannten. Die Brühler Bürgermeisterin und die Leiterin einer Brühler Gesamtschule solidarisieren sich. Als ein Journalist die Szene fotografieren will, wird er von Vertretern einer Initiative für Völkerverständigung, die das jüdische Volk offenkundig nicht miteinschließt, bedrängt, die Frau mit der Fahne entfernt sich aus der kritischen Situation.

Auch in Wuppertal muss man – obschon die israelische Stadt Beerscheba Partnerstadt ist – schwere argumentative Geschütze auffahren, damit die israelische Fahne bei Kundgebungen, die Israel und das jüdische Leben in Wuppertal unterstützen, auch am Rathaus weht. Immer wieder hört man, das könnte muslimische Mitbürger provozieren. Vielfach, ist das Gedenken an den Novemberpogrom von 1938, das in Wuppertal am 10.11. auf dem jüdischen Friedhof Weinberg begangen wurde, oft neben einem Foto, das halt Menschen zeigt, wenige Tage nach den pogromartigen Ereignissen von Amsterdam kaum mehr wert als eine schnöde Bildunterschrift.

Was ist los in diesem Land? Man fühlt sich den Juden nach dem, was im dritten Reich geschah, irgendwie verpflichtet. Man führt fahle Worte im Mund, redet von Staatsräson, „Nie wieder ist jetzt“ und ist routiniert betroffen. Solange den Worten keine wirklichen Taten folgen, ist das wohl nicht mehr als Heuchelei. Und so singt die Band Cora nur konsequent weiter: „Traum von Amsterdam. Der die Hoffnung nahm. Allein in einer fremden Stadt. Allein in Amsterdam.“

Es ist zutiefst beschämend, dass wir in einem Land leben, in dem jede und jeder leben und sagen darf, was und wie er oder sie es will – solange man nicht zeigt, dass man Jude ist. Das ist so unvernünftig und töricht, dass man da wirklich zur Räson rufen muss! Aber die Vernunft hat es schwer in diesen Tagen ... Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs steh uns bei!

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